"Bindung ist für das Leben so notwendig wie Luft zum Atmen und Ernährung." Mit diesem Zitat von Prof. Karl-Heinz Brisch, ehemals Ludwig-Maximilians-Universität Münschen, haben wir unseren dritten Denkanstoß überschrieben. Ähnliche Formulierungen finden wir aber auch schon bei John Bowlby (1907 – 1990), dem Begründer der Bindungsforschung: „Emotionale Bindungen an andere Menschen sind der Dreh- und Angelpunkt im Leben eines Menschen...“ - die Bindung der Eltern an ihr Kind und die Bindungsfähigkeit des Säuglings an seine Eltern sichern das Überleben des Säuglings und seine Entwicklung. Die Bindungsforschung untersucht die Bedingungen, unter denen eine sichere Bindung entsteht und beschreibt die Phasen einer immer ausdrücklicheren Beziehung des Kindes zu seinen Hauptbindungspersonen. So entsteht die eigentliche Bindung des Kindes zu seinen Eltern erst ab dem 7./ 8. Monat bis zum Alter von zwei Jahren! (s. dazu auch die Langzeitstudie Karin Grossmann/ Klaus E. Grossmann, Bindungen – das Gefüge psychischer Sicherheit, Stuttgart 7. Aufl. 2017!) Die Bindungsforschung hat mithilfe standardisierter Tests unterschiedliche Bindungstypen herausgefunden – das Bindungsmuster (sicher, unsicher-vermeidend, ambivalent), was wir in der Kindheit als prägend erfahren haben, begleitet uns bis ins hohe Erwachsenenalter (s. Gabriele Gloger-Tippelt, Bindung im Erwachsenenalter, Bern 2001).
Bindungssicherheit und Sprachentwicklung gehören zusammen! So ist es ein alarmierendes Signal, was die Einschulungstests 2018 in Sachsen ergeben haben: Jedes dritte Kind beim Sprechen nicht altersgerecht entwickelt – gut 40 % der Jungen, bei den Mädchen knapp 32 %! Sprachprogramme für den Computer bringen dabei gar nichts - „Spracherwerb passiert durch emotionale Nähe....“, so die Erfahrung einer Kinderärztin. Entsprechend hat die sächsische Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) an die Eltern appelliert, jede Gelegenheit zu nutzen, mit ihrem Kind zu sprechen. (http://www.lvz.de/Leipzig/Bildung/Jeder-dritte-Erstklaessler-kann-nicht-richtig-sprechen...) Schwierigkeiten wurden auch bei der Motorik und Körperkoordination festgestellt. Bereits Schulkinder haben Probleme mit krankhaftem Übergewicht und Rückenschmerzen – beides Folgen von eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten – , und rund jedes zehnte Kind leidet an chronisch psychischen Erkrankungen. Eine Studie der DAK hat dafür Behandlungsdaten aus dem Jahr 2016 von etwa 15 000 sächsischen Mädchen und Jungen im Alter bis zu 17 Jahren ausgewertet. Diese Probleme gibt es natürlich nicht nur in Sachsen.
Mehr Zeit für Kinder! Kindererziehung geht nicht nur nebenbei – sie ist eine Leistung, die Eltern erbringen. Dafür verdienen sie gesellschaftliche Anerkennung und Unterstützung. Darum ist alle Aufmerksamkeit und alle Zeit, die wir in die sensible erste Lebensphase eines Kindes „investieren“, eine Investition in seine Zukunft.